Oder:
Der Unterschied zwischen günstigen und teuren Mikro-Preamps
Ein richtig guter Preamp ist schweineteuer. Das liegt vor allem an der Hardware: Je mehr Übertrager, Schalter, Anschlüsse, Gehäuse- und Bauteile da sind, desto mehr kostet der Mikrofon-Vorverstärker.
Das Geheimnis im Klang liegt aber nur in wenigen Komponenten, die man in einem selbstgebauten Preamp (kurz für Preamplifier) für einen Bruchteil des Preises bekommen kann…
Warum „gut“ nicht immer gut ist
Ein moderner Preamp ist in fast jedes Audio Interface eingebaut. Er besteht aus sehr wenigen Bauteilen und mindestens mal einem IC – das steht für „integrated circuit“ und meint die käferartigen Bauteile, die gleich komplette Schaltkreise enthalten. Das ist nicht nur in der Herstellung eine günstige Angelegenheit sondern auch klanglich schlau: absolut rauschfrei, linearer Frequenzgang und ohne harmonische Verzerrungen. Eigentlich gut, oder? Für Rock- und Popmusik klingt genau das dann im Gesamtkontext der digitalen Welt flach, langweilig, eindimensional und ohne jeglichen Charakter.
Der Instagram-Effekt
Was man eigentlich will: Wärme, harmonische Verzerrungen die das Signal irgendwie nach „mehr“ klingen lassen, eine leichte Sättigung und Kompression der Transienten die alles besser in den Kontext integrieren. Eigentlich sind das alles Fehler, die dem IC nicht passieren.
Ich nenne das gerne den „Instagram Effekt“: Eigentlich kann eine moderne Handykamera bessere und neutralere Fotos machen als eine Profikamera von früher. Trotzdem „verschlechtern“ wir die Bilder mit Filtern: Farbstiche, weniger Details, mehr Kontrast, Rauschen und eine dicke Vignette drumherum. Das sorgt aber genau wie ein guter Preamp für den gegenteiligen Effekt: mehr Sex, mehr Wärme, mehr Fokus auf die Motivmitte und irgendwie dichter dran. Wir schaffen mehr Emotionen als tatsächlich da sind.
Was baue ich hier eigentlich?
Dies ist mein erstes DIY-Elektronikprojekt: die „Lola“, ein Preamp von Hairball Audio aus Seattle. Ein Mikrofon-Preamp im API 500 Format. Zu den Besonderheiten komme ich später.
Es ist sicher nicht das einfachste Kit für Einsteiger (da kann man z.B. den VP26 empfehlen – einen API Nachbau von Classic API), aber es ist komplett (alle Teile kommen aus einer Quelle) und die Bauanleitung ist so gut wie narrensicher.
Die „geheimen“ Bauteile
Zurück zum Sound: Wärme und harmonische Verzerrungen erreicht ein teurer Preamp durch diskreten Aufbau, durch spezielle Komponenten und einen kleinen, nicht zu unterschätzenden Regler am Ende des Schaltkreises. Diskret bedeutet auf ICs zu verzichten und alles aus einzelnen Bauteilen zu konstruieren. Dadurch kann man auch viel individueller bauen und muss nicht den gleichen null-acht-fuffzehn-Chip mit dem gleichen null-acht-fuffzehn Sound der Mitbewerber verwenden.
Eine weitere klangbildende Maßnahme: die Eingangs- und Ausgangsübertrager. Im Grunde sind dies Trafos, die aber nicht den Strom in einem Netzteil sondern eben Audiosignale umwandeln können. Hier gibt es je nach Geschmacksrichtung verschiedene Modelle von verschiedenen Herstellern, z.B. Cinemag, Carnhill, Sowter usw. Diese Dinger sind groß, schwer und teuer – 45-75 € kann man schnell pro Übertrager zahlen. Und idealerweise braucht man zwei davon. SPL bietet z.B. einen besonderen Service: man kann einen SPL Preamp mit sehr hochwertigen Lundahl-Übertragern ausrüsten bzw. nachrüsten.
Der Build
Die Anleitung ist wirklich sehr einfach geschrieben – Englischkenntnisse vorausgesetzt – und geht auch gut von der Hand. Man beginnt mit den flachen Bauteilen wie Widerstände oder Dioden und arbeitet sich dann zu den dickeren Bauteilen hoch. Selbst wenn man keine Ahnung hat, welche Teile was sind: alles ist in beschrifteten Tütchen und jeder einzelne Schritt mit Fotos festgehalten.
Etwas fummelig sind dann die Schalter und Potis: damit diese auch perfekt mittig sitzen und nicht später am Gehäuse schaben, muss man immer wieder die Platine testweise in den Halterahmen setzen und die Frontplatte aufschieben. Klappt aber alles ohne Probleme.
Output-Trim für fetten analogen Sound
Der eigentliche Clou ist der schon angesprochene kleine Regler am Schluss: der Output-Trim.
Komplette Audio-Interfaces mit Preamp haben den nicht. Hier gibt es nur die Verstärkungs-Regelung: ist diese sauber eingestellt, bekommt auch der Wandler den perfekten (und somit verzerrungsfreiesten) Sound zu hören. Mehr Gain auf meinem Preamp geht nicht, dann verzerrt nämlich auch der nachfolgende Wandler.
Der Output-Trim ist dem Fader von großen analogen Studio-Mischpulten nachempfunden. Hier wurde die Verstärkung des Preamps nämlich separat über den Gain-Regler eingestellt. Das eigentliche Signal welches früher zur Bandmaschine und heute zum Wandler geschickt wird, konnte aber unabhängig über den Fader gesteuert werden.
Das kann die Lola (und viele andere externe Preamps) auch. Ich kann den Preamp beliebig übersteuern, ohne meinen Wandler zu übersteuern. Gain aufdrehen, Trim runterdrehen. So einfach. Und hiermit schaffe ich Charakter, denn durch leichtes Überfahren der vielen Komponenten (Opamps, Übertrager) kommt meine „Wärme“ in den Sound: harmonische Verzerrungen, veränderter Frequenzgang, abgeschnittene Transienten etc.
Hörbeispiel
Das muss nicht nur bei der Aufnahme hilfreich sein. Hier ein Hörbeispiel, bei dem ich eine Bassline durch die Lola geschickt habe. Erst mit Lola, dann ohne und nur mit Plug-Ins, dann beide wiederholt. Ich wollte, dass das Signal „analoger“ klingt. Es gibt keinen riesigen Klangunterschied, aber ohne Lola ist der Synth weniger satt im Klang und wirkt digitaler.
Im zweiten Teil zur Lola kommt der erste Test, die Anzeige und die Opamps werden eingebaut.
Schade das von dir hier keinen Video gibt 🙁